2. Standards im Umgang mit chronisch kranken Kindern

Eine chro­ni­sche Erkran­kung kann auf viel­fäl­ti­ge Wei­se zu einer Kin­des­wohl­ge­fähr­dung füh­ren. Im Fol­gen­den wer­den die Mög­lich­kei­ten auf­ge­zeigt und in den recht­li­chen Kon­text eingeordnet:

Feh­len­de The­ra­pie­ad­hä­renz kann eine Kin­des­wohl­ge­fähr­dung darstellen.Nach § 1666 – Gericht­li­che Maß­nah­men bei Gefähr­dung des Kin­des­wohls – Bür­ger­li­ches Gesetz­buch (BGB) liegt eine Kin­des­wohl­ge­fähr­dung im Kon­text einer chro­ni­schen Erkran­kung vor, wenn Eltern die zur Min­de­rung oder Hei­lung der Erkran­kung not­wen­di­gen medi­zi­ni­schen und sozia­len Unter­stüt­zungs­leis­tun­gen nicht im aus­rei­chen­den Umfang aus­füh­ren. Dies kann durch bewuss­tes Unter­las­sen oder durch Unver­mö­gen der Eltern begrün­det sein. Unver­mö­gen kann aus feh­len­dem Krank­heits­ver­ständ­nis oder –ein­sicht und aus geis­ti­ger, kör­per­li­cher oder finan­zi­el­ler Über­for­de­rung resul­tie­ren. Aber auch Fak­to­ren auf Sei­te des Kin­des, bspw. Ver­wei­ge­rung der Mit­ar­beit kann bei man­geln­der Durch­set­zungs­fä­hig­keit der Eltern zu einem Aus­blei­ben der not­wen­di­gen The­ra­pie­maß­nah­men füh­ren. Aus Sicht der Kin­der- und Jugend­hil­fe kann die Gefähr­dungs­ein­schät­zung in einer Fami­lie mit chro­nisch kran­kem Kind erheb­lich erschwert sein (vgl. 1.1 Gefähr­dungs­ein­schät­zung). Maß­stab für die Ein­schät­zung einer Kin­des­wohl­ge­fähr­dung ist dabei die erwar­te­te wei­te­re Schä­di­gung, wenn eine gegen­wär­ti­ge, in einem sol­chen Maß vor­han­de­ne Gefahr fest­ge­stellt wird, die bei der wei­te­ren Ent­wick­lung eine erheb­li­che Schä­di­gung des kör­per­li­chen, geis­ti­gen oder see­li­schen Wohls des Kin­des oder sei­nes Ver­mö­gens mit hin­rei­chen­der Wahr­schein­lich­keit erwar­ten lässt. An die Wahr­schein­lich­keit des Scha­dens­ein­tritts sind dabei umso gerin­ge­re Anfor­de­run­gen zu stel­len, je schwe­rer der dro­hen­de Scha­den wiegt (BVerfG 1 BvR 383/18, BGH XII ZB 149/16)